Steuerbemessungsgrundlage teilweise entgeltlicher Leistungen – allgemeine Regelung

In Art. 32 Abs. 1 Pkt. 1 des polnischen USt-Gesetzes heißt es:  Bestehen zwischen dem Erwerber und dem Leistungserbringer Verbindungen und ist die Vergütung niedriger als der Marktwert der Leistung und hat der Erwerber der Gegenstände oder Dienstleistungen kein uneingeschränktes Recht auf Vorsteuerabzug, so bestimmt die Steuerbehörde die Steuerbemessungsgrundlage der Leistung zum Marktwert, wenn sich herausstellt, dass die Verbindungen die Bestimmung der Vergütung für die Lieferung der Gegenstände oder die Erbringung der Dienstleistungen beeinflusst haben.  Gemäß Art. 32 Abs. 2 des polnischen USt-Gesetzes sind die in Art. 32 Abs. 1 Pkt. 1 genannten Verbindungen als Verbindungen zu verstehen, die sich u.a. aus einem Arbeitsverhältnis ergeben.

Schilderung des Sachverhaltes

Mit der Problematik beschäftigte sich kürzlich das Oberste Verwaltungsgericht im Urteil I FSK 230/18 vom 31.08.2021, in dem der folgende Sachverhalt dargestellt wurde:

Ein in den Sektoren Kohle und Energie tätiges Unternehmen ist gemäß interner Vorschriften und Betriebstarifverträgen verpflichtet, seinen Mitarbeitern verschiedene Leistungen zu gewähren, darunter medizinische Leistungen, die Beförderung der Mitarbeiter, Kantinenleistungen und Arbeitskleidung. Für die erworbenen Leistungen zahlen die Arbeitnehmer einen symbolischen Złoty oder einen kleinen Prozentsatz der Kosten; den Rest übernimmt der Arbeitgeber. Die Arbeitnehmer sind natürliche Personen, üben keine wirtschaftliche Tätigkeit aus und sind keine Steuerpflichtigen für die Zwecke der USt.

In ihrem Antrag auf individuelle Steuerauskunft stellte die Firma folgende Frage: Ist die Steuerbemessungsgrundlage teilweise entgeltlicher Leistungen an Arbeitnehmer die Höhe der vom Arbeitnehmer geleisteten Zahlung? Nach Ansicht des Unternehmens wäre die Steuerbemessungsgrundlage in diesem Fall die Höhe der von den Arbeitnehmern tatsächlich gezahlten Beträge.

Standpunkt der Steuerbehörde und des Gerichts erster Instanz

Die Steuerbehörde hielt den Standpunkt des Unternehmens für falsch. Wenn das Unternehmen die Leistungen an seine Mitarbeiter zu einem Preis weiterverkauft, der unter dem Marktpreis liegt, kommen ihrer Ansicht nach sowohl Art. 32 Abs. 1 Pkt. 1 des polnischen USt-Gesetzes als auch Art. 32 Abs. 2 desselben zur Anwendung, d.h. laut Steuerbehörde war die Steuerbemessungsgrundlage der Leistungen ihr Marktwert. Daraufhin reichte das Unternehmen eine Klage beim Wojewodschaftlichen Verwaltungsgericht ein.

Das Gericht wies die Klage des Unternehmens ab und wies darauf hin, dass die Festsetzung der Steuerbemessungsgrundlage für Leistungen an Arbeitnehmer zu einem niedrigeren Betrag als ihrem Marktwert dazu führen würde, dass das Unternehmen Steuervorteile in Form eines niedrigeren Betrags der geschuldeten Steuer erziele, was gegen Art. 80 der Richtlinie 2006/112/EG verstoße.

In der Kassationsklage beantragte das Unternehmen, das Urteil aufzuheben oder die Klage erneut zu prüfen und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an das Wojewodschaftliche Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.

Steuerbemessungsgrundlage teilweise entgeltlicher Leistungen

Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts

Auch das Oberste Verwaltungsgericht teilte den Standpunkt der Steuerbehörde und erkannte die korrekte Anwendung von Art. 32 des USt-Gesetzes an. Es ging auch ausführlich auf das vom Unternehmen zitierte Urteil C-412/03 des EuGH vom 20. Januar 2005 ein, das einen ähnlichen Fall betraf, in dem der EuGH es für angemessen hielt, die Steuerbemessungsgrundlage teilweise entgeltlicher Leistungen anhand des von den Arbeitnehmern an den Arbeitgeber gezahlten Preises und nicht anhand des Marktpreises zu ermitteln. Das Oberste Verwaltungsgericht stellte Ähnlichkeiten zwischen den Sachverhalten beider Fälle fest, wies aber darauf hin, dass die dem Urteil C-412/03 des EuGH zugrunde liegende Bestimmung im Jahr 2006 wesentlich geändert wurde.

Zum Zeitpunkt des Urteils des EuGH waren die Mitgliedstaaten nicht berechtigt, die Steuerbemessungsgrundlage auf der Grundlage eines anderen Wertes (z.B. des Marktwerts von Leistungen) zu ermitteln, wenn sich die bestehenden Beziehungen auf die Höhe der geleisteten Zahlung auswirkten. Erst mit der im Jahr 2006 verabschiedeten Richtlinie 2006/112/EG wurde eine Ausnahmeregelung von dieser Regel eingeführt, die derzeit in Art. 80 der Richtlinie 2006/112/EG und in Artikel 32 des polnischen USt-Gesetzes verankert ist. Die aus dem Urteil des EuGH abgeleitete Argumentation konnte laut dem Obersten Verwaltungsgericht somit nicht akzeptiert werden, weil sich die Rechtslage geändert hat.

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