Am 3. Oktober 2019 legte das Verwaltungsgericht in Wrocław (Breslau) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) eine Frage über die Übereinstimmung des Instruments der zusätzlichen Steuerpflicht (Umsatzsteuergesetz, Artikel 112b, Absatz 2) mit dem EU-Recht zur Vorabentscheidung vor.

Das polnische Gericht prüfte den Fall der Gesellschaft „Grupa Warzywna“ (I SA/Wr 448/19) und zweifelte an, ob die trotz freiwillig korrigierter USt-Erklärung verhängte Sanktion von 20% mit den Regeln der EU-Umsatzsteuerrichtlinie und den europäischen Verträgen (einschließlich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Anwendung der verschiedenen Sanktionen) vereinbar ist.

steuerliche Sanktion

Die vom Gericht angefochtene Bestimmung sieht vor, dass selbst dann, wenn der Steuerpflichtige die Korrektur der USt-Erklärung eingereicht oder die USt-Erklärung verspätet eingereicht und die Steuer bezahlt hat, das Finanzamt zusätzlich eine Sanktion gegen ihn verhängen kann. Die Höhe der zusätzlichen Steuerschuld beträgt 20% des zu niedrig angesetzten Steuerschuldbetrags oder des zu hoch angesetzten Betrags der zu erstattenden Steuerdifferenz bzw. der zu erstattenden Vorsteuer oder der Steuerdifferenz zur Minderung der geschuldeten Steuer für die nächsten Abrechnungszeiträume. Mit anderen Worten: die Bestimmung gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige die Erklärung freiwillig korrigiert und die Steuer in der von den Steuerbehörden festgelegten Höhe bezahlt hat. In dieser Situation entsteht kein Schaden für den Staatshaushalt, trotzdem wird der fällige Betrag inklusive Zinsen eingezogen. Daher bestehen Zweifel an der Angemessenheit der Verhängung dieser zusätzlichen Sanktion.

In letzter Zeit haben die Verwaltungsgerichte damit begonnen, diese Praxis selbst in Frage zu stellen, ohne sich an den EuGH zu wenden (z. B. das Urteil des Verwaltungsgerichts in Szczecin – I SA/Sz 873/18). Sie beriefen sich auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach EU-Recht, wonach Maßnahmen in einem angemessenem Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen müssen.

Die Sanktion wegen des zu niedrig angesetzten Steuerschuldbetrags bestand bereits bis Ende 2007 in den polnischen Umsatzsteuerbestimmungen. Dann wurde sie abgeschafft, aber seit Anfang 2017 ist sie wieder in Kraft – zu zwei Sätzen: 20 und 30 Prozent. Die Zustimmung für die Wiedereinführung gab auch der EuGH in seinem Urteil vom 15. Januar 2009 in der Rechtssache K-1 (C-502/07). Er vertrat die Auffassung, dass die Sanktion, die im Falle eines Fehlers in der USt-Erklärung zu verhängen ist, durch die Mitgliedstaaten eingeführt werden kann.

Mit dem Urteil des Gerichtshofs im Fall der Gesellschaft „Grupa Warzywna“ ist in zwei bis drei Jahren zu rechnen.

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