Das Recht auf Vorsteuerabzug

In dem Umfang, in dem in Polen erworbene oder eingeführte Waren und Dienstleistungen zur Vornahme steuerbarer Handlungen verwendet werden, können Steuerpflichtige den daraus ergebenden Betrag der Vorsteuer vom Betrag der geschuldeten Steuer abziehen.

Darüber hinaus gemäß Art. 86 Abs. 8 Ziff. 1 des polnischen USt-Gesetzes ist der Steuerpflichtige auch berechtigt, den Betrag der Vorsteuer von der geschuldeten Steuer abzuziehen, wenn die eingeführten oder erworbenen Waren und Dienstleistungen die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen im Ausland betreffen, sofern diese Beträge abgezogen werden könnten, wenn diese Handlungen im Inland vorgenommen worden wären, und dabei der Steuerpflichtige Dokumente besitzt, aus denen der Zusammenhang der abgezogenen Steuer mit diesen Handlungen hervorgeht.

Mit anderen Worten, handelt es sich um Situationen, in denen ein Steuerpflichtiger Waren oder Dienstleistungen in Polen erwirbt für eine Leistung, die im Ausland besteuert wird (z. B. für eine in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführte Lieferung mit Montage oder für eine an einen ausländischen Steuerpflichtigen erbrachte Dienstleistung, die im Land seines Geschäftssitzes besteuert wird).

Das Recht auf Vorsteuerabzug wirft in einer solchen Situation weder bei den Steuerpflichtigen noch bei den Steuerbehörden größere Fragen auf und wurde durch zahlreiche positive Steuerauskünfte bestätigt (z.B. 0112-KDIL1-3.4012.414.2019.1.KS vom 27.09.2019, 0111-KDIB3-3.4012.469.2022.2.MW vom 19.12.2022, 0114-KDIP1-2.4012.328.2023.2.AP vom 21.09.2023 und neueste 0114-KDIP1-2.4012.333.2023.2.GK vom 31.10.2023).

Die Zweifel der Steuerpflichtigen beziehen sich jedoch häufig nicht auf das Recht auf Vorsteuerabzug selbst, sondern darauf, ob und wie die im Ausland umsatzsteuerbaren Umsätze in der  USt-Erklärung JPK_V7M ausgewiesen werden sollten.

Meldepflicht der im Ausland umsatzsteuerbaren Handlungen

Gemäß § 4 Pkt. 1 Buchstabe b und § 10 Abs. 1 Pkt. 3 der Verordnung des Ministers für Finanzen, Investitionen und Entwicklung vom 15.10.2019 über den detaillierten Umfang der Daten, die in USt-Erklärungen und Aufzeichnungen im Bereich der Besteuerung von Waren und Dienstleistungen enthalten sind – ist der Betrag der Steuerbemessungsgrundlage (Nettowert), der sich aus im Ausland umsatzsteuerbaren Handlungen ergibt, in der polnischen USt-Erklärung JPK_V7M auszuweisen, wenn der Steuerpflichtige in Bezug auf diese Handlungen zum Vorsteuerabzug nach Art. 86 Abs. 8 Ziff. 1 des USt-Gesetzes berechtigt ist. In der USt-Erklärung JPK_V7M sind zwei Felder vorgesehen, in denen in einem solchen Fall die im Ausland besteuerten Umsätze ausgewiesen werden – K_11 und P_11.

Wie sieht das in der Praxis aus? Beispiel: ein polnischer Steuerpflichtiger erwirbt Waren in Polen und befördert sie in ein anderes Land um dort eine Lieferung von Gegenständen mit Montage durchzuführen (gemäß Art. 36 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gilt als Ort der Lieferung mit Montage der Ort, an dem die Installation oder Montage vorgenommen wird). Damit ein Steuerpflichtiger in dieser Situation die Vorsteuer auf Erwerbe im Zusammenhang mit der fraglichen Lieferung mit Montage im Rahmen der polnischen USt-Erklärung abziehen kann, sollte er grundsätzlich den dazugehörigen im Ausland umsatzsteuerbaren Umsatz in der polnischen der USt-Erklärung JPK_V7M ausweisen.

Ist die Meldung immer Pflicht?

In der Wirtschaftspraxis treten jedoch Situationen auf, in denen die Meldepflicht nicht immer so offensichtlich ist. Den Erläuterungen auf der offiziellen Website des Finanzministeriums nach ist nämlich der Wert der Warenlieferungen und Dienstleistungen, die im Rahmen einer Gewerbetätigkeit, die außerhalb von Polen registriert ist, erbracht werden, in der polnischen USt-Erklärung nicht zu melden (https://www.podatki.gov.pl/jednolity-plik-kontrolny/pytania-i-odpowiedzi/obrot-zagraniczny/czy-w-jpk_vat-powinny-byc-prezentowane-faktury-dokumentujace-sprzedaz-uslug-dla-ktorych-miejscem-swiadczenia-jest-kraj/), z.B.:

  • Lieferung mit Montage mit dem Besteuerungsort außerhalb Polens;
  • Fernverkauf aus Polen in das übrige Gemeinschaftsgebiet;
  • Erbringung von Dienstleistungen mit dem Besteuerungsort außerhalb Polens.

 

Diese Information wirft einige Fragen in Bezug auf die Interpretation auf. Erstens: wie ist die Gewerbetätigkeit zu verstehen? Aus den individuellen Steuerauskünften lässt sich ableiten, dass es sich nur um solche Tätigkeit handelt, die im Rahmen eines Geschäftssitzes oder einer festen Niederlassung (i.S.v. Art. 11 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) im Land der steuerbaren Leistung ausgeübt wird. In der Steuerauskunft Nr. 0111-KDIB3-3.4012.469.2022.2.MW vom 19.12.2022 ist zu lesen: „Die Registrierung eines Steuerpflichtigen für USt-Zwecke in den Ländern, in denen die Lieferung erfolgt, ist nicht gleichbedeutend mit der Durchführung einer Gewerbetätigkeit in diesem Land“. Und weiter: „Die Meldepflicht [der im Ausland umsatzsteuerbaren Handlungen in der polnischen der USt-Erklärung JPK_V7M] gilt nur für Lieferungen an Kunden in einem Land, in dem der Antragsteller keine tatsächliche Gewerbetätigkeit ausübt, sondern nur die Umsatzsteuer auf die ausgeführten Umsätze rechtmäßig abrechnet“.

Es ergibt sich also die Frage, was geschieht, wenn in Polen gekaufte Waren in das Land des Geschäftssitzes befördert werden, um dort eine Lieferung mit Montage durchzuführen. Beispielsweise wenn ein Unternehmen mit Geschäftssitz in Deutschland, das für USt-Zwecke in Polen registriert ist, Waren in Polen erwirbt und sie nach Deutschland befördert, um dort eine Lieferung von Gegenständen mit Montage durchzuführen. Da der Steuerpflichtige seinen Geschäftssitz in Deutschland hat und somit nach der oben zitierten Stellung der Steuerbehörden der Umsatz im Rahmen seiner registrierten Geschäftstätigkeit in Deutschland erfolgt, wäre davon auszugehen, dass diese Handlung in der polnischen USt-Erklärung JPK_V7M nicht zu melden ist.

Vorsteuerabzug
Ist also demnach der Steuerpflichtige in einer solchen Situation zum Vorsteuerabzug gemäß Art. 86 Abs. 8 Ziff. 1 des USt-Gesetzes im Rahmen seinen monatlich abgegeben USt-Erklärungen berechtigt? Grundsätzlich wenn ein Steuerpflichtiger keine umsatzsteuerpflichtige Umsätze in Polen tätigt, kommt eine Vorsteuererstattung im Rahmen des MWSt-Vergütungsverfahrens gemäß Richtlinie 2008/9/EG vom 12. Februar 2008 zum Tragen. Sollte er hingegen in Polen andere umsatzsteuerpflichtige Umsätze tätigen, stellt sich die Frage nach dem richtigen Verfahren für die Erstattung.

Es sei darauf hingewiesen, dass sich die o.g. Information des Finanzministeriums nicht direkt aus den Rechtsvorschriften ergibt, so dass es u.E. keine Rechtsgrundlage für die Behauptung gibt, dass in einer solchen Situation eine Erstattung im Rahmen der polnischen USt-Erklärung unmöglich ist. Aufgrund der sich daraus ergebenden Unklarheiten empfehlen wir jedoch, in jedem Fall den Sachverhalt genau zu analysieren.

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