Viele Unternehmen, die täglich mit ausländischen Geschäftspartnern zusammenarbeiten, entscheiden sich dafür, ihre Transaktionen in Fremdwährung zu dokumentieren und abzurechnen. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Zahlungen zwischen diesen Unternehmen in der Regel in einer internationalen Währung wie  Euro oder US-Dollar erfolgen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob eine vollständig in Fremdwährung ausgestellte Rechnung, die eine innerpolnische Transaktion dokumentiert, den Erwerber zum Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung berechtigt? Dieses Thema wurde kürzlich in einer individuellen Steuerauskunft behandelt.

Wie ist es in dem polnischen USt-Gesetz geregelt?

Das polnische Steuerrecht verbietet es Steuerpflichtigen keineswegs, Rechnungen in Fremdwährung auszustellen. Nach dem USt-Gesetz ist ein Unternehmer, der eine Rechnung in Fremdwährung ausstellt, nicht verpflichtet, die Netto- und Bruttobeträge in die Landeswährung, d. h. den polnischen Zloty (PLN), umzurechnen. Anders verhält es sich bei der Umsatzsteuer – gemäß Art. 106e Abs. 11 USt-Gesetz sollte die Rechnung zumindest die Umrechnung des USt-Betrages in PLN enthalten, wenn die Rechnung in einer Fremdwährung (nicht PLN) erstellt wird.

Zur Umrechnung des USt-Betrags sollte der Kurs verwendet werden, der am Vortag der Steuerpflichtentstehung bzw. der am Vortag der Rechnungserstellung (wenn die Rechnung vor dem Tag der Steuerpflichtentstehung ausgestellt wurde) von der Polnischen Nationalbank (Narodowy Bank Polski), bzw. von der Europäischen Zentralbank bekannt gegeben wurde.

Die Steuerpflicht entsteht grundsätzlich zum Zeitpunkt der Lieferung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistung. Wurde vor der Lieferung der Ware oder Erbringung der Dienstleistung eine Anzahlung/Vorauszahlung/Rate/ein Vorschuss ganz oder teilweise in Empfang genommen, so entsteht die Steuerpflicht in Bezug auf den erhaltenen Betrag zum Zeitpunkt des Erhalts dieser Zahlung.

Individuelle Steuerauskunft 0112-KDIL1-3.4012.168.2023.2.MR vom 14.06.2023 – worum ging es?

Ein polnisches Unternehmen erhielt von seinem Geschäftspartner eine Rechnung in Fremdwährung, die eine innerpolnische Transaktion dokumentierte. Diese Rechnung wurde vollständig in Euro ausgestellt und enthielt daher nicht die Umrechnung der Umsatzsteuer in Zloty (PLN). Das Unternehmen fragte bei den polnischen Steuerbehörden an, ob es den USt-Betrag gemäß den Vorschriften des USt-Gesetzes selbst neu berechnen könne. Das Unternehmen war auch der Ansicht, dass das Fehlen einer solchen Umrechnung (der Umsatzsteuer in PLN) kein Hindernis für den Vorsteuerabzug oder die Erstattung der Steuerdifferenz gemäß Art. 88 des USt-Gesetzes darstellt.

Stellung des Leiters der Nationalen Finanzauskunft

Die Behörde vertrat eine andere Auffassung. Der Leiters der Nationalen Finanzauskunft erklärte, dass eine Rechnung, die eine innerpolnische Transaktion dokumentiert, den in Art. 106e Abs. 11 des USt-Gesetzes festgelegten Anforderungen entsprechen sollte- d.h. der USt-Betrag sollte von Fremdwährung in Landeswährung umgerechnet werden. Der Leiter der Nationalen Finanzauskunft betonte, dass eine Rechnung, die nur die Umsatzsteuer in Fremdwährung enthält, ein fehlerhaftes Dokument ist und das Unternehmen folglich die Vorsteuer aus einer solchen Rechnung nicht abziehen kann. Das Unternehmen sollte zusätzlich bei seinem Gesprächspartner eine Korrekturrechnung verlangen, und nur ein solches Dokument berechtigt es zum Vorsteuerabzug.

Entspricht die individuelle Steuerauskunft 0112-KDIL1-3.4012.168.2023.2.MR vom 14.06.2023  den Vorschriften? – Kommentar von Tax Benefit

Unserer Meinung nach ist die individuelle Steuerauskunft den Steuerpflichtigen gegenüber ziemlich ungerecht. Im USt-Gesetz ist eindeutig festgelegt, in welchen Fällen ein Steuerpflichtiger die Vorsteuer aus einer Rechnung nicht abziehen kann. Gemäß Artikel 88 kann die Vorsteuer nicht abgezogen werden im Fall von Rechnungen, die  z.B:

  • nicht steuerbare Transaktionen dokumentieren,
  • steuerbefreite Transaktionen dokumentieren,
  • unberechtigt USt ausweisen- d.h. Rechnungen ohne Bezug auf einen echten wirtschaftlichen Vorgang.

In dem geschlossenen Katalog des Artikels 88 des USt-Gesetzes wird nicht erwähnt, dass die Nichtumrechnung eines USt-Betrages von ausländischer Währung in inländische Währung eine Voraussetzung dafür ist, dass einem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug aus einer Einkaufsrechnung entzogen wird. Natürlich muss betont werden, dass eine Rechnung ohne in PLN umgerechnete Umsatzsteuer eine fehlerhafte Rechnung ist- denn nach den Vorschriften des USt-Gesetzes sollte eine solche Umrechnung auf der Rechnung angegeben werden. Unseres Erachtens sollte das Fehlen einer solchen USt-Umrechnung auf der Rechnung jedoch nicht dazu führen, dass das Unternehmen das Recht auf Vorsteuerabzug verliert.

Umsatzsteuer auf der Rechnung

Die individuelle Steuerauskunft verstößt vor allem gegen ein Grundprinzip der Umsatzsteuer- nämlich den Neutralitätsgrundsatz. Diesem Grundsatz zufolge sollte die Umsatzsteuer auf den Verbrauch und nicht auf die wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen erhoben werden. Daher ist es zwingend erforderlich, dass ein Unternehmen, das Waren oder Dienstleistungen für geschäftliche Zwecke erwirbt, nicht mit der Umsatzsteuer belastet wird und die Möglichkeit hat, sich diese Steuer zu erstatten.

Es sei auch auf das Urteil C-80/20 des Europäischen Gerichtshofs verwiesen, in dem dieser feststellt, dass: „Das Grundprinzip der Umsatzsteuerneutralität verlangt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug oder -erstattung gewährt werden muss, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, auch wenn die Steuerpflichtigen bestimmte formale Anforderungen nicht erfüllt haben”. Wenn also die vom Verkäufer ausgestellte Rechnung nicht alle formalen Anforderungen erfüllt – wie z. B. die falsche USt.Id.Nr. des Käufers, die fehlende Angabe des Lieferungsortes oder die fehlende Umrechnung des USt-Betrags in PLN – ist dies u.E. kein Grund, dem Käufer sein Recht auf Vorsteuerabzug aus der Rechnung zu entziehen. Anders verhält es sich, wenn die materiellen Voraussetzungen nicht erfüllt sind – z.B. wenn die betreffende Transaktion nicht stattgefunden hat.

Das rigorose Vorgehen der Steuerbehörden – Angst vor Umsatzsteuerbetrug?

Warum darf der Erwerber nach Ansicht der Steuerbehörde die Umsatzsteuer nicht selbst neu berechnen? Wenn der Erwerber den genauen Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuerpflicht kennt, besteht unserer Ansicht nach keine Gefahr. Weist die Rechnung jedoch kein klar definiertes Datum der Steuerpflicht auf, kann es für den Steuerpflichtigen riskant sein, den Umsatzsteuerwert selbst neu zu berechnen. Die Steuerbehörden werden wahrscheinlich Situationen einschränken wollen, in denen ein Steuerzahler einen überhöhten Wechselkurs für die Umrechnung verwendet, was ihm die Möglichkeit gibt, unrechtmäßig mehr Vorsteuer abzuziehen, als er eigentlich könnte. Aus diesem Grund werden formale Rechnungsfehler von den Steuerbehörden so kritisch gesehen.

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