Überhöhter USt-Satz in der Rechnung

Im Normalfall berechtigt eine korrekt erstellte Rechnung zum Vorsteuerabzug. Es kommt jedoch vor, dass der Verkäufer in der Rechnung einen höheren USt-Satz (z.B. 23% statt 8%) und USt-Betrag ausweist als angemessen. Dies wirft die Frage auf, welchen USt-Betrag der Erwerber aus einer solchen Rechnung als Vorsteuer abziehen darf – den vollen USt-Betrag oder nur einen Teil.

Überhöhter USt-Satz

Ansicht der polnischen Steuerbehörden

In letzter Zeit bestätigen die Steuerbehörden in mehreren Steuerauskünften, dass die Vorsteuer aus solchen Rechnungen in voller Höhe abgezogen werden darf. Sie berufen sich dabei auf Art. 88 des polnischen USt-Gesetzes, in dem Situationen erwähnt werden, in denen dem Erwerber kein Recht auf Vorsteuerabzug zusteht. In diesen Vorschriften wird jedoch der Fall eines überhöhten USt-Satzes in der Rechnung nicht erwähnt.

Die Steuerbehörden weisen dabei auf folgende Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug hin:

  • Der Erwerber ist als aktiver USt-Pflichtiger registriert,
  • Der Erwerb der Waren und Dienstleistungen hängt mit den steuerbaren Tätigkeiten des Erwerbers zusammen.
  • Die Transaktion ist tatsächlich erfolgt.
  • Der Erwerb der Waren und Dienstleistungen unterliegt der USt.

Sind diese Bedingungen erfüllt, steht laut Steuerbehörden dem Erwerber das Recht zu, die Steuer in voller Höhe abzuziehen (bestätigt u.a. in folgenden individuellen Steuerauskünften: 0113-KDIPT1-1.4012.45.2020.2.RG vom 26.03.2020, 0113-KDIPT1-1.4012.778.2019.1.AKA vom 4.02.2020, 0112-KDIL1-3.4012.372.2019.1.AKS vom 19.08.2019, 0112-KDIL1-3.4012.580.2017.1.AP vom 17.01.2018, 0114-KDIP1-3.4012.356.2017.1.KC vom 16.11.2017, 0115-KDIT1-3.4012.217.2017.1.MZ vom 23.06.2017).

Standpunkt der Gerichte

Einige Gerichte vertreten aber eine andere Meinung in dieser Frage (EuGH-Urteile C-35/05 vom 15.03.2007, Pkt. 23 und C-342/87 vom 13.12.1989, Pkt. 15; Urteile I FSK 669/15 vom 3.11.2016 und  I FSK 505/16 vom 30.11.2017 des polnischen Obersten Verwaltungsgerichts). Die Analyse dieser Urteile führt zu der Schlussfolgerung, dass der Erwerber im vorliegenden Fall nicht berechtigt ist, den vollen in der Rechnung angegebenen USt-Betrag abzuziehen; er darf lediglich den niedrigeren Betrag abziehen, der bei Anwendung des korrekten USt-Satzes berechnet worden wäre.

Begründung

Die Gerichte sind nämlich der Ansicht, dass nur der Teil des in der Rechnung angegebenen USt-Betrags, der bei Anwendung des korrekten USt-Satzes berechnet worden wäre, die geschuldete Steuer darstellt. Der Rest des in der Rechnung angegebenen USt-Betrags, d.h. der Überschuss über die geschuldete Steuer hinaus, ist tatsächlich keine geschuldete Steuer und darf seitens des Erwerbers nicht als Vorsteuer betrachtet werden. Demzufolge hat der Erwerber kein Recht, diesen Überschuss abzuziehen.

Eine ähnliche Stellungnahme wurde auch vom Generalanwalt im EuGH-Urteil C-8/17, Pkt. 50 geäußert. Ein fälschlicherweise überhöhter USt-Satz führt dazu, dass der ausgewiesene USt-Betrag geschuldet wird, obwohl dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug nicht in voller Höhe zusteht.

Zusammenfassung

Die Meinungen darüber, welchen Betrag der Erwerber abziehen darf, falls in seiner Eingangsrechnung ein überhöhter USt-Satz ausgewiesen wurde, sind geteilt. Eine individuelle Auskunft schützt nur den Empfänger der Auskunft. Daher soll der Einkäufer, der solche Rechnungen erhält, eine individuelle Steuerauskunft von den Steuerbehörden einholen, um sicherzugehen, diese vorschriftsmäßig auszuweisen.

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