Einführung des generellen Übergangs der Steuerschuldnerschaft

Am 27. Dezember 2018 wurde im EU-Amtsblatt die Richtlinie 2018/2057 veröffentlicht, die die zeitlich befristete generelle Anwendung des Übergangs der Steuerschuldnerschaft (des Reverse-Charge-Verfahrens) auf inländische Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen zwischen Steuerpflichtigen über einem Schwellenwert von 17.500 Euro je Umsatz vorsieht. Der Übergang der Steuerschuldnerschaft bedeutet, dass die geschuldete Mehrwertsteuer vom Erwerber statt vom Lieferanten bzw. Dienstleister verrechnet wird.

Grund für die Neuregelung

Nach den geltenden Regeln ist das Reverse-Charge-Verfahren auf eine Liste von Sektoren beschränkt. Dank der neuen Richtlinie können die am stärksten vom Mehrwertsteuerbetrug betroffenen Mitgliedstaaten einen befristeten generellen Übergang der Steuerschuldnerschaft anwenden.

Bedingungen für die Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens

Ein Mitgliedstaat, der den generellen Übergang der Steuerschuldnerschaft einführen möchte, muss u.a. folgende Bedingungen erfüllen:

  • Im Jahr 2014 lag seine Mehrwertsteuerlücke, die als Differenz zwischen den erwarteten und den tatsächlichen Mehrwertsteuereinnahmen definiert und als Prozentsatz ausgedrückt wird, mindestens fünf Prozentpunkte über dem Medianwert der Mehrwertsteuerlücke in der EU.
  • Der Anteil des Karussellbetrugs (Waren oder Dienstleistungen werden gekauft und weiterverkauft, ohne dass die Mehrwertsteuer entrichtet wird) an seiner Mehrwertsteuerlücke belief sich auf mehr als 25%.
  • Andere Gegenmaßnahmen zur Bekämpfung des Karussellbetrugs auf seinem Hoheitsgebiet sind unzureichend.
  • Die Einführung des generellen Übergangs der Steuerschuldnerschaft führt voraussichtlich nicht zu höheren Kosten für die Unternehmen und Steuerbehörden als die Anwendung anderer Gegenmaßnahmen.
  • Durch die Einführung der elektronischen Berichtspflichtfür alle Steuerpflichtigen wird die effiziente Überwachung der Anwendung des erweiterten Reverse-Charge-Verfahrens gewährleistet.
  • In einem entsprechenden Antrag werden u.a. der Beginn und die Dauer der Anwendung des Übergangs der Steuerschuldnerschaft angegeben.
  • Der EU-Rat muss diesen Antrag genehmigen.

Übergang der Steuerschuldnerschaft

Aufhebung der Genehmigung

Sollte eine beträchtliche negative Auswirkung auf den EU-Binnenmarkt festgestellt werden, können alle Genehmigungen zur Anwendung des generellen Reverse-Charge-Verfahrens aufgehoben werden. Dies kann passieren, sollten Steuerbetrüger ihre Aktivitäten in die Nachbarländer verlagern, die keinen generellen Übergang der Steuerschuldnerschaft anwenden.

Kurzfristige Lösung

Die Anwendung des generellen Übergangs der Steuerschuldnerschaft ist bis zum 30.06.2022 befristet. Somit bietet die neue Richtlinie eine kurzfristige Lösung zur Eindämmung von Mehrwertsteuerbetrug durch die am stärksten davon betroffenen Mitgliedstaaten, solange die Beratungen über ein neues und endgültiges Mehrwertsteuersystem noch andauern.

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