Hintergrund des Verfahrens 

Ein polnisches Ehepaar veräußerte mithilfe eines professionellen Vermittlers landwirtschaftliche Flächen, die zuvor in Bauland umgewandelt worden waren. Das Finanzamt setzte Umsatzsteuer gegen jeden Ehepartner separat fest. Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht Wrocław legte dem EuGH die Frage vor, ob beide Ehepartner eigenständige Steuerpflichtige oder die Ehe‑Vermögensgemeinschaft als ein Subjekt anzusehen sind. Der EuGH entschied zugunsten der einheitlichen Behandlung.

Kernaussagen des Urteils 

  • Gemeinsames Auftreten und Risikotragung: Handeln Ehegatten gemeinsam gegenüber Käufern, Behörden und Dienstleistern und tragen sie das wirtschaftliche Risiko gemeinsam, kann ihre Gütergemeinschaft als ein Umsatzsteuer‑Subjekt gelten.
  • Vergleich mit Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): Der Gerichtshof ordnet die Ehegemeinschaft einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Rechtspersönlichkeit gleich – mit eigener steuerlicher Identität.
  • Abgrenzung zu separaten Tätigkeiten: Übt jeder Ehegatte tatsächlich eigenständige wirtschaftliche Tätigkeiten aus (z. B. getrennte landwirtschaftliche Betriebe), bleiben getrennte Registrierungen möglich.
  • Signalwirkung für die EU: Da die Entscheidung auf Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie basiert, können auch andere Mitgliedstaaten mit ähnlichen Gütergemeinschafts‑Regeln betroffen sein.

C 213/24 

Auswirkungen auf die USt-Praxis

  1. USt‑Registrierung & USt‑ID: Ehegatten müssen prüfen, ob sie für künftige Transaktionen eine gemeinsame Registrierung sowie eine gemeinsame USt‑ID benötigen.
  2. Verträge & Fakturierung: Kauf‑, Miet‑ oder Vermittlungsverträge sollten klar festlegen, wer Leistender ist. Bei gemeinsamer Steuerpflicht: eine Rechnung, ein Leistender.
  3. Dokumentation: Nachweislich gemeinsames Handeln und Risikotragung müssen belegbar sein.
  4. Steuerplanung: Bei geplanten Nebentätigkeiten sollte vorab geprüft werden, ob diese separat oder gemeinschaftlich der USt unterliegen.

Mögliche Folgen für andere EU‑Staaten

Obwohl der Streitfall das polnische USt‑Recht betrifft, greift der EuGH auf unionsrechtliche Kriterien zurück. Steuerpflichtige in anderen Mitgliedstaaten sollten prüfen, ob vergleichbare Ehe‑ oder Partnerschaftsformen dort ebenfalls zum einheitlichen Umsatzsteuerpflichtigen führen können. Nationales Recht, das bislang nur Einzelpersonen erfasst, dürfte nach dem Urteil europarechtlich hinterfragt werden.

Gesetzgeberischer Handlungsbedarf

Die polnische USt‑Gesetzgebung sowie begleitende Identifikations‑Vorschriften müssen angepasst werden, um die Registrierung eines „zweipersonalen“ Steuerpflichtigen zu ermöglichen. Details bleiben abzuwarten.

Zusammenfassung 

  • Das EuGH‑Urteil C‑213/24 stellt klar: Traten Ehegatten gemeinschaftlich auf und trugen sie das wirtschaftliche Risiko, ist ihre Gütergemeinschaft ein Umsatzsteuerpflichtiger.
  • Die Entscheidung wirkt über Polen hinaus, weil sie auf unionsrechtlichen Grundsätzen basiert.
  • Unternehmen, Berater und Ehepaare sollten Transaktionen, Verträge und Registrierungen rechtzeitig überprüfen.

 

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