Schwierigkeiten bei der Abrechnung von Bauleistungen
Leistungen, die dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegen, sind häufig Ursache für Schwierigkeiten. Fehler, die vom Rechnungsaussteller begangen werden, können schwerwiegende Folgen für den Rechnungsempfänger haben. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat hierzu gerade ein richtungsweisendes Urteil gefällt.
Sachverhalt
Das ungarische Unternehmen PORR hat für den Bau einer Autobahn fehlerhaft ausgestellte Rechnungen von seinen Subunternehmern erhalten, d.h. nicht im Reverse-Charge-Verfahren, sondern zzgl. USt (also im Regelbesteuerungsverfahren) abgerechnet. Die Rechnungen wurden von PORR mit der Steuer bezahlt, danach wurde diese Steuer als Vorsteuer auf die übliche Weise abgezogen. Die Steuerbehörde hat diese Absetzung angefochten.
Die Klage wurde vor einem ungarischen Gericht verhandelt. Nach Ansicht des Unternehmens ist es schwierig oder gar unmöglich, die USt-Erklärung zu korrigieren und die Mehrwertsteuer von den Subunternehmern zurückzubekommen. Während der Steuerprüfung ist eine Korrektur unzulässig; zudem befinden sich viele Subunternehmer in Konkurs und sind somit zahlungsunfähig.
Während des Verfahrens wurde auch festgestellt, dass es in dieser Situation keinen Steuerbetrug gab und dass die Umsatzsteuer von den Subunternehmern an das Finanzamt gezahlt wurde – der Staatshaushalt war davon nicht betroffen.
Das ungarische Gericht wandte sich mit der Frage an den EuGH, ob die Steuerbehörde in einem solchen Fall berechtigt ist, die Erstattung zu verweigern.
Urteil des Gerichtshofs
Der Gerichtshof der Europäischen Union stellte im Urteil vom 11.04.2019 fest, dass die Steuerbehörde grundsätzlich das Recht hat, die Steuererstattung zu verweigern, wenn die Rechnungen fehlerhaft ausgestellt wurden:
„Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 […] sowie der Grundsatz der Steuerneutralität und der Effektivitätsgrundsatz sind dahin auszulegen, dass sie einer Praxis der Steuerbehörde nicht entgegenstehen, wonach diese, ohne dass ein Betrugsverdacht vorliegt, einem Unternehmen das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer verweigert, die dieses als Empfänger von Dienstleistungen, deren Erbringer rechtsgrundlos aufgrund einer Rechnung gezahlt hat, die der Erbringer gemäß der gewöhnlichen Mehrwertsteuerregelung ausgestellt hat, obwohl der betreffende Umsatz dem Mechanismus der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger unterlag”.
Gleichzeitig betonte das Gericht ausdrücklich das Recht des Dienstleistungsempfängers, in Ausnahmefällen die Steuerrückerstatung direkt bei der Steuerbehörde zu beantragen:
„Die genannten Grundsätze erfordern allerdings, dass der Dienstleistungsempfänger seinen Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer unmittelbar an die Steuerbehörde richten kann, falls sich die Rückzahlung durch den Erbringer der Dienstleistungen an ihren Empfänger – insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Erbringers – als unmöglich oder übermäßig schwierig erweist”.
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