Allgemeine Regelung

Artikel 19a des polnischen USt-Gesetzes regelt die Frage der Steuerpflicht. In Absatz 3 heißt es: Eine Dienstleistung, für deren Erbringung aufeinander folgende Zahlungs- oder Abrechnungszeiträume festgelegt werden, gilt am Ende eines jeden Zeitraums, auf den sich diese Zahlungen oder Abrechnungen beziehen, als erbracht, bis die Erbringung dieser Dienstleistung abgeschlossen ist. Eine Dienstleistung, die kontinuierlich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht wird und für die im Zusammenhang mit ihrer Erbringung in einem bestimmten Jahr kein Ablaufdatum für die Zahlung oder Abrechnung vorgesehen ist, gilt bis zur Beendigung der Erbringung der Dienstleistung am Ende eines jeden Steuerjahres als erbracht.

Schilderung des Sachverhaltes

Im vorliegenden Fall hatte ein Unternehmen mit seinem polnischen Vertragspartner einen Vertrag über Logistikdienstleistungen geschlossen.  Laut Vertrag ist das Unternehmen u. a. verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten und Gefahr an den Ort zu bringen, an dem sich der Lagerraum befindet; die in dem Lagerraum gelagerten Waren bleiben dabei sein Eigentum. Das Unternehmen ist verpflichtet, ein Verzeichnis der  gelagerten Waren zu führen, das folgende Angaben enthält: das Datum der Verbringung in den Lagerraum, das Datum der Abholung der Erzeugnisse durch den Vertragsnehmer sowie Daten, die die Identifizierung der Waren und ihre Rückgabe an das Unternehmen ermöglichen. Der Unternehmer ist verpflichtet, die Verzeichnisse monatlich an den Vertragspartner zu senden. Das Eigentumsrecht an den Waren und das Recht, wie ein Eigentümer über sie zu verfügen, gehen bei Entnahme aus dem Lagerraum auf den Vertragspartner über.  Zum Zeitpunkt der Entnahme der Waren wird zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über die Waren zum in der Preisliste (die eine Anlage zum Warenlieferungsvertrag darstellt) angegebenen Preis geschlossen. Der Vertragspartner ist verpflichtet, dem Unternehmen mindestens einmal wöchentlich Berichte über die Abrechnung der entnommenen Waren vorzulegen, die Angaben über Art und Menge der aus dem Lagerraum entnommenen Waren (aufgeschlüsselt nach dem jeweiligen Artikel) sowie das Datum der Entnahme enthalten.

In ihrem Antrag auf individuelle Steuerauskunft stellte die Firma die Frage, ob die Steuerpflicht für die Lieferung von zuvor im Lagerraum gelagerten Waren nach Artikel 19a des USt-Gesetzes entsteht, d. h. am Ende jedes Abrechnungszeitraums, auf den sich die vom Unternehmer erstellten Berichte über die aus dem Lagerraum entnommenen Waren beziehen. Nach Ansicht des Unternehmens sei dies der Fall.

Standpunkt der Steuerbehörde

Die Steuerbehörde hielt den Standpunkt des Unternehmens jedoch für falsch.

Die Behörde begründete ihre Auslegung damit, dass sich die Bestimmung des Artikels 19a Absatz 3 des UStG auf eine kontinuierliche Lieferung beziehe. Der Begriff der Kontinuität, wie er im Einklang mit den Grundsätzen des Zivilrechts verstanden wird, solle auf den Begriff des Dauerschuldverhältnisses angewandt werden.

Bei einem Dauerschuldverhältnis ist es nicht möglich, zwischen sich wiederholenden, getrennten Leistungen zu unterscheiden, die zu einem bestimmten Zeitpunkt als eigenständige Leistungen eingestuft werden könnten. Da das Unternehmen über Berichte verfüge, die es ihm ermöglichten, sowohl den Zeitpunkt der Lieferung von Gegenständen zu bestimmen als auch den Gegenstand der einzelnen Lieferungen eindeutig zu definieren, handle es sich um einzelne Lieferungen innerhalb vertraglich vereinbarter Zeiträume, die als eigenständige, hinsichtlich ihres Gegenstands und des Zeitpunkts ihrer Ausführung eindeutig definierte Lieferungen unterschieden werden könnten, so die Behörde.

Entscheidung des Gerichts

Nach der Entscheidung der Steuerbehörde reichte das Unternehmen Klage ein. Weder das Wojewodschaftliche Verwaltungsgericht in Poznań (Urteil vom 26. Juli 2017, Az. I SA/Po 930/16) noch das Oberste Verwaltungsgericht stimmten dieser Auslegung zu.

kontinuierliche Leistung

Das erstinstanzliche Gericht vertrat die Auffassung, dass  Artikel 19a Absatz 3 des USt-Gesetzes auch für zyklische Lieferungen gilt, wenn die Parteien deren regelmäßige Abrechnung (Zahlung) vereinbart haben. Die Steuerbehörde behauptete indessen zu Unrecht, dass die in der fraglichen Verordnung vorgesehene Regel der Steuerpflicht nur für solche Lieferungen (Dienstleistungen) gelte, die entsprechend der Art der Leistung fortlaufend erbracht würden, d. h. ohne die Möglichkeit, einzelne Dienstleistungen oder Lieferungen zu trennen.

Das Oberste Verwaltungsgericht stellte im Urteil I FSK 1848/17 vom 4.08.2020 unmissverständlich fest, dass gemäß Artikel 19a Absatz 3 des USt-Gesetzes eine Lieferung, für deren Erbringung aufeinander folgende Zahlungs- oder Abrechnungszeiträume festgelegt werden, am Ende eines jeden Zeitraums, auf den sich diese Zahlungen oder Abrechnungen beziehen, als erbracht gilt, bis die Erbringung dieser Dienstleistung abgeschlossen ist.

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