Am 1. Januar 2019 trat ein Gesetz über die Umwandlung des Erbnießbrauchrechts an einer Immobilie in Eigentumsrecht in Kraft. Das Gesetz betrifft bebaute Grundstücke, die für Wohnzwecke genutzt werden. Die früheren ewigen Erbnießbraucher der Grundstücke wurden damit ihre Eigentümer. Im Gegenzug müssen sie 20 Jahre lang eine jährliche Umtauschgebühr zahlen, deren Höhe dem bisher zur Nutzung fälligen Satz entspricht.  Auf Wunsch kann auch eine Einmalzahlung erfolgen.

Unterliegen die Umtauschgebühren der Umsatzsteuer?

 Die Gemeinden sind der Ansicht, dass eine solche Gebühr nicht der Umsatzsteuer unterliegt, weil die Umwandlung des Erbnießbrauchrechts in Eigentumsrecht keine Lieferung von Waren gegen Entgelt darstellt. Die Übertragung des Rechts, wie ein Eigentümer über die Immobilie zu verfügen, ist mit der Begründung des Erbnießbrauchrechts bereits erfolgt und nicht wiederholbar. Nach Auffassung der Steuerbehörden kann man die Umwandlung eines Erbnießbrauchrechts in Eigentumsrecht zwar nicht als wiederholte Warenlieferung derselben Ware betrachten, die Gebühren sollten jedoch um den Wert der Umsatzsteuer erhöht werden.

Zweifel des Wojewodschaftlichen  Verwaltungsgerichts in Breslau

 Das Wojewodschaftliche  Verwaltungsgericht  fragte den Europäischen Gerichtshof, ob die Umwandlung eines Erbnießbrauchrechts in Eigentumsrecht eine Lieferung von Gegenständen im Sinne der Richtlinie 2006/112 des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem darstellt. Es wurde ebenfalls die Frage gestellt, ob die Gemeinde als Steuerpflichtige oder als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne dieser Richtlinie auftritt.

Schlussanträge der Generalanwältin Juliane Kokott vom 3. September 2020

Erbnießbrauchrecht

Die Generalanwältin ist der Meinung, dass die Umwandlung des Erbnießbrauchrechts in Eigentumsrecht als Fortsetzung einer Warenlieferung nach Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie betrachtet werden soll. Mit der Übertragung des Erbnießbrauchrechts erlangten die jetzigen Eigentümer bereits die wirtschaftliche Verfügungsmacht, deshalb unterlagen die jährlichen Entgelte der Umsatzsteuer.  Die Änderung des Eigentumsrechts bei der Umwandlung des Erbnießbrauchrechts hat keinen Einfluss auf die Zahlungen. Der bisherige Erbnießbraucher zahlt weiterhin ein Entgelt für die Erlangung der Verfügungsmacht an dem Grundstück. Nur der Liefergegenstand wurde geändert, die Gebühren beziehen sich aber weiterhin auf die Lieferung des Grundstücks. Das gezahlte Entgelt entspricht seiner Höhe nach dem, was für das Erbnießbrauchrecht im Jahr zu zahlen wäre. Nach Juliane Kokott folgen die Verpflichtung zur Zahlung und die Höhe des Entgelts aus der ursprünglichen Übertragung des Erbnießbrauchrechts und sind somit wirtschaftlich als Entgelt für diese Lieferung zu betrachten.

Zusammenfassung

Nach Auffassung von  Generalanwältin Juliane Kokott ist die Umwandlung eines Erbnießbrauchrechts an einer Immobilie in Eigentumsrecht eine Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112, die der Umsatzsteuer unterliegt; die Gemeinde tritt als Steuerpflichtige gemäß Art. 9 Abs. 1 und nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von  Art. 13 der Richtlinie 2006/112 auf.

Wichtige Daten

Nach unserem Verständnis beziehen sich die Schlussfolgerungen von Generalanwältin Juliane Kokott auf nach dem 1. Mai 2004 begründetes Erbnießbrauchrecht. Ab diesem Datum wurde die Begründung des Erbnießbrauchrechts als Lieferung von Waren behandelt, daher sollten Gebühren für die Umwandlung dieses Rechts in Eigentum auch steuerpflichtig sein. Geschah diese Umwandlung vor dem 1. Mai 2004, unterliegen die Transformationsgebühren nicht der Umsatzsteuer, ebenso wie die Begründung des Erbnießbrauchrechts nicht besteuert wurde.

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