Die Behandlung des PKWiU-Symbols als obligatorisches Element des Sachverhalts bei der Erteilung einer individuellen Steuerauskunft ist eine ziemlich häufige Praxis der Steuerbehörden. Eine solche Vorgehensweise war bereits im Bereich der Umsatzsteuer (USt) sichtbar, unter anderem bei der Festlegung des richtigen Umsatzsteuersatzes und der Steuerbefreiungen sowie bei der Klassifizierung von diversen steuerbaren Leistungen. In den Fällen, in denen das PKWiU-Symbol in einem Antrag auf Steuerauskunft nicht angegeben wurde, forderte die Steuerbehörde die Steuerpflichtigen häufig auf, den Antrag   durch Präzisierung der Sachverhaltsbeschreibung d. h. Angabe des PKWiU-Symbols, zu ergänzen. Infolgedessen ließen sich die Steuerbehörden bei der Erteilung der Steuerauskunft häufig vom PKWiU-Symbol und nicht vom beschriebenen Sachverhalt, der vom Steuerpflichtigen dargestellt wurde, leiten.

Hintergrund

Mit dieser Problematik – allerdings im Hinblick auf die Einkommenssteuerproblematik – beschäftigte sich kürzlich das Oberste Verwaltungsgericht im Urteil II FSK 487/23 vom 26.01.2024. Das Urteil erging im Fall einer polnischen Steuerpflichtigen, die ein Einzelunternehmen betreibt und zudem Gesellschafterin in einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) sowie Kommanditistin in einer GmbH & Co. KG ist. Sie stellte bei den Steuerbehörden einen Antrag auf Erteilung einer individuellen Steuerauskunft. Vor dem Hintergrund der Sachverhaltsdarstellung stellte sie die Frage, mit welchem Pauschalsteuersatz das erzielte Einkommen besteuert werden sollte. Im Antrag schlug sie vor, dass der zutreffende Satz 8,5% beträgt, da die erbrachte Dienstleistung eine gemischte Leistung darstellt und keine der Leistungen einen dominierenden Charakter hat.

Der Leiter der Nationalen Finanzauskunft forderte die Steuerzahlerin auf, die formellen Mängel des Antrags auf Erteilung einer Steuerauskunft durch die Angabe zu ergänzen, unter welchem PKWiU-Symbol die von ihr im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit erbrachten Dienstleistungen einzuordnen sind.

In ihrer Antwort teilte die Steuerpflichtige mit, dass sie einen Antrag auf Klassifizierung an das Statistisches Hauptamt (GUS) stellte, aber noch keine Antwort erhielt. Sie wies auch darauf hin, dass die Angabe des PKWiU-Symbols kein obligatorisches Element für die Erteilung einer Steuerauskunft sei.

Vorsteuerabzug

Standpunkt der Steuerbehörde

Der Leiter der Nationalen Finanzauskunft ließ den Antrag auf Erteilung einer Steuerauskunft unbeantwortet. Die Steuerbehörde war der Meinung, dass ohne die Information, unter welchem PKWiU-Symbol die Dienstleistungen klassifiziert sind, es nicht möglich ist, die im Antrag enthaltene Stellungnahme als richtig oder falsch zu bewerten. Die Steuerpflichtige stimmte jedoch  dem Standpunkt des Leiters der Nationalen Finanzauskunft nicht zu und beschloss, das Problem auf dem Gerichtsweg zu lösen.

Entscheidung des Wojewodschaftlichen Verwaltungsgerichtes und des Obersten Verwaltungsgerichtes

Sowohl das Wojewodschaftliche Verwaltungsgericht im Urteil I SA/Po 639/22 vom 30.11.2022 als auch später das Oberste Verwaltungsgericht, das die Kassationsbeschwerde des Leiters der Nationalen Finanzauskunft im Urteil II FSK 487/23 vom 26.01.2024 prüfte, stimmten der Klägerin zu und hielten ihre Beschwerde für begründet. Die Kassationsbeschwerde des Leiters der Nationalen Finanzauskunft wurde abgewiesen und das Gericht stellte fest, dass die Steuerbehörde nicht verlangen kann, den Antrag um die Angabe der PKWiU-Symbole, unter die die von der Klägerin im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit erbrachten Dienstleistungen einzuordnen sind, zu ergänzen. Das PKWiU-Symbol kann nur einen zusätzlichen Hinweis darstellen, bildet jedoch keinen Bestandteil des Sachverhalts.

Was bedeutet dieses Urteil?

Das ist eine sehr gute Nachricht, da die Steuerbehörden sehr oft, indem sie sich auf den PKWiU-Symbolen stützten, versuchten, eine eigenständige Klassifizierung und Analyse, z.B. der Steuersätze oder der Klassifizierung von Leistungen, zu vermeiden. In der Praxis bedeutete dies, dass die Funktion der individuellen Steuerauskunft zunehmend illusorisch wurde. Der vom Obersten Verwaltungsgerichts entschiedene Fall betrifft nicht nur Pauschalsteuerzahler, sondern bezieht sich auf ein viel breiteres Problem, das viele Unternehmer in Polen betraf, u.a. auch umsatzsteuerpflichtige Unternehmen. Es bleibt die Hoffnung, dass die Steuerbehörden, das vom Obersten Verwaltungsgericht erlassene Urteil befolgen werden.

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