Anzahlungen im Hinblick auf Umsatzsteuer
Im Allgemeinen wird die Umsatzsteuer auf die Erbringung von Dienstleistungen oder die Lieferung von Gegenständen erhoben. Es kommt jedoch oft vor, dass der Verkäufer eine Anzahlung vom Erwerber verlangt, die auf die in der Zukunft erbrachte Leistung aufgerechnet wird. Gemäß Art. 65 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem wird als Anzahlung eine Zahlung betrachtet, die vor der Lieferung von Gegenständen bzw. Erbringung von Dienstleistungen geleistet wird. Die Umsatzsteuer wird auf den Betrag der erhaltenen Zahlung erhoben und zum Zeitpunkt des Zahlungseinganges fällig. Die analoge Regelung wurde auch im Art. 19a Abs. 8 des polnischen Umsatzsteuergesetzes implementiert, wobei der polnische Gesetzgeber als steuerpflichtige Zahlungen nicht nur Anzahlungen, aber auch z. B. Vorauszahlungen, Draufgaben oder Raten aufgeführt hat.
Erhalt einer solchen Zahlung erfordert die Ausstellung einer Rechnung (Anzahlungsrechnung), es sei denn, bis zum Ende des Kalendermonats, in dem die Anzahlung geleistet wird, ist die steuerpflichtige Tätigkeit (Lieferung oder Dienstleistung) bereits ausgeführt worden. Gemäß Artikel 106i Absatz 2 des polnischen USt-Gesetzes ist eine Rechnung, die den Erhalt einer Anzahlung belegt, spätestens am 15. Tag des Monats auszustellen, der auf den Monat folgt, in dem die Zahlung ganz oder teilweise geleistet wurde. Diese Rechnung kann auch vor Erhalt der Zahlung ausgestellt werden, jedoch nicht früher als am 60. Tag vor dem Zahlungseingang.
Kann die Besteuerung einer Anzahlung erst zum Zeitpunkt der Lieferung erfolgen, wenn die Transaktion ungewiss ist?
Solche Bedenken hatte ein Unternehmer, der in der Bauträgerbranche tätig ist. In einem Antrag auf Erteilung einer individuellen Steuerauskunft beschrieb er ausführlich eine der geplanten Investitionen zum Kauf von drei Grundstücken für Wohnungsbau. Gemäß dem Vorvertrag erhielten drei Grundstückseigentümer (Verkäufer) bei Unterzeichnung des Vorvertrages vom Unternehmer Anzahlungen in Höhe von etwa 10 % des Verkaufspreises der abgegrenzten Grundstücke. Der Restbetrag sollte bei Abschluss des endgültigen Vertrages gezahlt werden, wobei seine Unterzeichnung von der Erfüllung einer Reihe von Bedingungen abhängt, darunter der Durchführung einer Unterteilung von Grundstücken durch die Verkäufer und der Erteilung einer endgültigen Baugenehmigung für den Bau von Mehrfamilienhäusern für den Unternehmer.
Der Unternehmer (Käufer) wollte wissen, ob solche Anzahlungen der Umsatzsteuer unterliegen und wenn ja – zu welchem Zeitpunkt die Steuerpflicht in Bezug auf die geleisteten Anzahlungen entsteht. Der Käufer vertrat die Auffassung, dass die Anzahlungen zwar steuerpflichtig seien, ihre Besteuerung aber nicht zum Zeitpunkt des Geldeingangs, sondern erst zum Zeitpunkt des Abschlusses der endgültigen Verträge, d. h. bei Erfüllung der vertraglichen Bedingungen, erfolgen sollte. Er begründete seinen Standpunkt u. a. damit, dass zum Zeitpunkt des Geldeingangs nicht bekannt ist, ob die Bedingungen für den Abschluss von endgültigen Verträgen erfüllt werden und die Transaktionen überhaupt zustande kommen. Außerdem gab es zu diesem Zeitpunkt noch keinen Transaktionsgegenstand – d.h. konkrete, abgegrenzte Grundstücke, die verkauft werden sollten. Die Grundstücke waren Teil von anderen Grundstücken, die noch nicht unterteilt waren, wobei die Unterteilung von den Verwaltungsorganen abhängt, und man kann nicht sicher sein, dass die Entscheidungen positiv ausfallen werden.
Standpunkt der Steuerbehörde
In der individuellen Steuerauskunft 0114-KDIP1-1.4012.127.2019.2.RR vom 24.04.2019 hielt die Steuerbehörde den Standpunkt des Unternehmers für falsch. Die Steuerbehörde stimmte zwar zu, dass der geplante Verkauf von Grundstücken der Umsatzsteuer unterliegt, aber die für diesen Umsatz geleisteten Anzahlungen sollten zum Zeitpunkt ihres Eingangs nach den allgemeinen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes besteuert werden. Nach Ansicht der Behörde bestand kein Zweifel daran, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der geleisteten Zahlung und der steuerpflichtigen Tätigkeit bestand, da die Anzahlungen für den Verkauf bestimmter Waren – Grundstücke – zu entrichten waren. Darüber hinaus ging aus dem Vorvertrag nicht hervor, dass der Betrag der Anzahlung für den Verkauf einer anderen Immobilie als der unterteilten Grundstücken angerechnet werden konnte.
Gleichzeitig wies die Behörde darauf hin, dass:
- der Erhalt grundsätzlich jeder Zahlung, die mit der Ausübung einer steuerpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, unabhängig von ihrem Umfang, die Steuerpflicht auslöst;
- nur die Übergabe von Mitteln, die ohne jeglichen Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Tätigkeit erfolgt, außerhalb der Umsatzsteuer liegt.
Klage des Unternehmers bei Verwaltungsgerichten
Der Käufer war damit nicht einverstanden und legte gegen diese Steuerauskunft eine Klage beim Verwaltungsgericht ein. Im Urteil III SA/Wa 1485/19 vom 28.01.2020 gab allerdings das Wojewodschaftliche Verwaltungsgericht in Warschau der Steuerbehörde Recht. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vorvertrags und der Auszahlung der strittigen Anzahlungen noch keine Gewissheit über die Abtrennung der Grundstücke bestand und auch noch keine für den Käufer zufriedenstellende Baugenehmigung vorlag, keinen Einfluss auf die Bestimmung des Zeitpunktes der Entstehung der Steuerpflicht bei Erhalt der Anzahlung. Der Verkaufsgegenstand war nämlich präzise und eindeutig im Vorvertrag bestimmt – die Teile der Immobilie waren hinsichtlich Fläche und Lage identifiziert.
Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kam das Oberste Verwaltungsgericht bei der Prüfung der Kassationsbeschwerde im Urteil I FSK 1199/20 von 20.06.2024. Das Gericht der zweiten Instanz betonte, dass die Besteuerung einer Anzahlung von der Feststellung eines direkten Zusammenhangs zwischen der Zahlung und der betreffenden Leistung abhängt. Es ist wichtig, dass Umstände vorliegen, die sowohl Subjekt als auch Gegenstand der Leistung konkretisieren. Die Besteuerung der Anzahlung kann jedoch nicht davon abhängen, ob die Leistung, die in der Zukunft erbracht werden sollte, unbedingt stattfinden wird – es kann nämlich passieren, dass die Leistung doch nicht erbracht wird.
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