Richtige Einstufung des Aufladens von Elektrofahrzeugen
Sofern ein Unternehmen, das Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Polen betreibt, polnische Unternehmen und polnische oder ausländische individuelle Kunden bedient, entsteht kein Problem. Grundsätzlich unterliegt die verkaufte Leistung nämlich der polnischen Umsatzsteuer. Sollte aber dieses Unternehmen andere Unternehmen bedienen, die im Ausland ansässig sind, ist der Ort der Besteuerung davon abhängig, ob das Aufladen von Elektrofahrzeugen als Lieferung oder Dienstleistung betrachtet wird:
- Eine Lieferung ist in Polen zu besteuern, somit soll der Betreiber der Ladestationen eine Rechnung mit der polnischen Umsatzsteuer erstellen.
- Eine Dienstleistung ist grundsätzlich im Staat der Ansässigkeit des ausländischen Unternehmens zu besteuern, daher soll der Betreiber der Ladestationen keine Steuer in Polen einziehen, sondern eine Rechnung im Reverse-Charge-Verfahren erstellen. Für die richtige Abrechnung der Steuer ist dann der Kunde verantwortlich.
Ist das Aufladen von Elektrofahrzeugen eine Warenlieferung?
Nach dem polnischen Umsatzsteuergesetz ist Energie eine Ware, somit ist ihr Verkauf grundsätzlich eine Warenlieferung. Es kommt aber vor, dass die Einstufung der mit Energie verbundenen Leistungen Zweifel bei den Steuerbehörden und Steuerpflichtigen weckt, beispielsweise die Einstufung des Aufladens von Elektrofahrzeugen. Bis dato war die vorherrschende Ansicht der Steuerbehörden, dass die Leistung, die im Aufladen von Elektrofahrzeugen besteht, als Lieferung von Energie betrachtet werden soll. Steuerpflichtige sind mehrheitlich der Meinung, dass das Aufladen eine komplexe Leistung ist, in der die Dienstleistung dominiert, die in der Bereitstellung von Facheinrichtungen besteht.
Standpunkt des Wojewodschaftlichen Verwaltungsgerichts in Warschau
Einen entscheidenden Schritt stellt das Urteil III SA/Wa 3071/17 des Wojewodschaftlichen Verwaltungsgerichts in Warschau dar. Das Gericht betonte, dass Energie eine Ware ist. Dies bedeute jedoch nicht zwangsläufig, dass die ganze Leistung als Warenlieferung betrachtet werden muss. Bei der Nutzung von Ladestationen handle es sich nicht nur um Energieerwerb. In einem solchen Fall würde jeder Besitzer eines Elektrofahrzeugs statt einer Ladestation das Stromnetz zu Hause oder in der Arbeit nutzen, in denen die gleiche Energie wie im Netz der Ladestationen fließt. Laut Gerichtsurteil liegt der Unterschied in der Aufladeinfrastruktur. Das Gericht wies darauf hin, dass der Kunde jedes Mal entscheidet, ob er seinen Wagen innerhalb kurzer Zeit, dafür aber teurer, oder während eines längeren Zeitraums zu einem günstigeren Preis auflädt (der Betreiber wird über zwei Arten von Ladegeräten verfügen). Der Schwerpunkt liegt also auf der Zeit bzw. der Effektivität des Aufladens, nicht auf der Energie selbst.
Sind Ladestationen wie Tankstellen zu betrachten?
Das Gericht verglich Ladestationen mit Tankstellen. Tankstellen verkaufen verschiedene Kraftstoffe; der Kunde erwirbt den Kraftstoff, den er nach den Parametern und Preisen aus den verfügbaren Kraftstoffen wählen kann. Aus der Sicht des Nutzers eines Elektrofahrzeugs ist aber die Art der Ware unwesentlich, weil die Energie an allen Ladestationen identisch ist. Wichtig ist die Qualität der Ladegeräte. Somit ist im Gegensatz zu traditionellen Tankstellen bei Ladestationen für Elektrofahrzeuge das Ladegerät das Element, das das Angebot auszeichnet.
Das Aufladen von Elektrofahrzeugen ist eine komplexe Leistung
Das Gericht fasste zusammen, dass der Grundgedanke der Ladestation für Elektrofahrzeuge darin besteht, eine Facheinrichtung zur Verfügung zu stellen und eine schnelle Energieversorgung des Fahrzeugs zu ermöglichen. Das Aufladen von Elektrofahrzeugen soll also als komplexe Leistung betrachtet werden, in der die Dienstleistung dominiert, die in der Bereitstellung der Aufladeinfrastruktur besteht.
Man kann zwar noch nicht von einer ständigen Rechtsprechung sprechen, das oben erwähnte Urteil wird allerdings hilfreich für die Steuerpflichtigen sein, die in dieser Branche tätig sind.
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